Mehr Fehler durch Rechtschreibreform? -

Reformnutzen wird Rätsel bleiben

 
 

Bundesweit Schlagzeilen zu produzieren, ist nicht leicht, wenn man kein Prominenter ist. Der reformkritischen Forschungsgruppe Deutsche Sprache ist es zehn Jahre nach der Rechtschreibreform noch einmal gelungen. Mit einer Studie wollen sie herausgefunden haben, dass die Reform zu einer drastischen Erhöhung der Fehlerquote in deutschen Schulaufsätzen geführt hat.

 
Für ein Rauschen im Blätterwald konnte die Studie sorgen, bei Sprachwissenschaftlern löste sie ob ihrer methodischen Mängel eher Kopfschütteln aus. Da wurden Daten aus den Jahren 1970-72 als Vergleichsbasis herangezogen; zwischen dieser Zeit und dem Beginn der Reform lagen bereits Jahrzehnte, in denen sich die gesamte deutsche Gesellschaft grundlegend gewandelt hatte. Ob die unter Deutschlehrern beliebten Klagerufe à la „Früher war alles besser, vor allem die Schüleraufsätze“ berechtigt sind, wollen wir dahingestellt sein lassen. Doch klar ist, dass die Studie unwissenschaftlich genannt werden muss.

 
Nur leider: Eine wirklich systematische, regelmäßige Erhebung der Rechtschreibleistungen deutscher Schüler gibt es nicht. Die OECD, die uns PISA beschert hat, interessiert sich als internationale Einrichtung nicht für regionalsprachliche Probleme, und die deutsche Kultusministerkonferenz ist zu so etwas strukturell nicht in der Lage. Selbst wenn die organisatorischen Fähigkeiten vorhanden wären, stünde man immer noch vor gewaltigen methodischen Problemen: In einer lebendigen Sprache werden Wörter neu eingeführt, andere veralten. Modebegriffe sind leichter zu merken als seltene Ausdrücke, sie werden folglich weniger häufig falsch geschrieben. Außerdem: Die deutsche Rechtschreibung ändert sich kontinuierlich, und das nicht erst seit „der Reform“, die obendrein mittlerweile längst ein Konglomerat von Reformen, Nachbesserungen und Rücknahmen ist.

 
Könnte man wirklich wissenschaftlich feststellen, dass sich die Fehlerquote von Schülern seit Reformbeginn erhöht oder gesenkt hat, wüsste man noch immer nicht, woran es letztlich liegt: An der Reform (welchem Teil?), an der Art der Vermittlung durch die Lehrer und die Medien, an der „Renitenz“ weiter Bevölkerungskreise, die – je nach Standpunkt – das Schlimmste verhindert oder für ultimative Verwirrung gesorgt hat.

 
Und selbst wenn man dies alles klären könnte, wüsste man noch immer nicht, ob der eigentliche positive Sinn von Rechtschreibung – für klare, unmissverständliche Texte zu sorgen – durch die eine oder andere Variante besser oder schlechter erfüllt wird.

dml

 
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